Im Juni 2022 hat die BÜNDNISGRÜNE Landtagsfraktion das Forum für nachhaltige Entwicklung unter dem Motto „Welche Zukunft hat unsere Region?“ in Meißen veranstaltet. Mit Akteuren aus Meißen und Umgebung, welche erfolgreich Innovationen umsetzen, wurden besonders die Mittelzentren abseits der 3 sächsischen Großstädte in den Blick genommen: Neben den Themen der Verkehrs- und Bauwende widmete sich das Forum auch der Energiewende und der Frage, wie sie vor Ort gelingen kann.
Die BÜNDNISGRÜNE Sprecherin für Regionalentwicklung, MdL Ines Kummer hatte als Gastgeberin auf das Podium geladen: Dr. Gerd Lippold (sächs. Staatssekretär für Energie), Dr. Jutta Matreux (Werksleiterin der Wacker Chemie AG in Nünchritz), Ute Kedzierski (Zentrum für Technologiestrukturentwicklung Region Riesa-Großenhain GmbH) und Frank Buchholz (Projektleiter UKA Meißen Projektentwicklung GmbH & Co. KG). Zu Beginn wurde von Ines Kummer der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Schwierigkeiten in der Energiesicherheit aufgegriffen. Vor diesem Hintergrund wird die Frage, wie sich Sachsen unabhängig von fossilen und ausländischen Energieträgern machen kann um so drängender.
Gerd Lippold, Staatssekretär im Sächsischen Ministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft ging in seinem Redebeitrag darauf ein, wie es gelingen kann, die aufgeschlossene, aber neutrale gesellschaftliche Mehrheit in Sachsen für die Energiewende zu gewinnen. Denn bei einer Stakeholder-Analyse im ländlichen Raum kam überraschenderweise eine ebenso breite Zustimmung zu den erneuerbaren Energien heraus wie in den Städten. Er zieht aus diesen Zahlen den Rückschluss, dass wir es in Sachsen mit einer sehr lauten, gesellschaftlichen Minderheit zu tun haben, welche die Energiewende strikt ablehnt. Bei der Suche nach den Mehrheiten in der Gesellschaft, aber auch in den Stadträten und Kommunalparlamenten braucht es seiner Meinung nach mehr Fairness, transparente Informationen und die klare Darstellung der konkreten Vorteile vor Ort. Insbesondere, dass die Staatsregierung hier mit einer einheitlichen Stimme und verständlichen Sprache agiert, wird entscheidend sein.
Es antwortete Frau Dr. Matreux und betonte, dass die Wacker Chemie AG die einzige Firma außerhalb Chinas ist, welche Polysilizium herstellt, den Grundstoff für den Bau von Solaranlagen. Der Beitrag ihres Werkes in Nünchritz für den Klimaschutz umfasst über die Produktion hinaus eigene Energieeinsparungen, sowie die Umstellung der Prozesse von Erdgas als Energieträger hin zu Wasserstoff oder Strom. Allerdings, so die Werksleiterin, brauche man dafür deutlich bessere Infrastruktur und weniger Bürokratie. Dann könne das Unternehmen bis 2030 tatsächlich klimaneutral werden.
Auch Frank Buchholz stimmte den ambitionierten Anforderungen zu: Die UKA würden gerne deutlich mehr Windkraftanlagen bauen, was aber wegen politischen und bürokratischen Hürden bisher unmöglich ist. Als Beispiel führt er an, dass es 10 Jahre Kampf für einen Windpark von gerade mal 3 Anlagen brauchte. In Sachsen seien auch nur 0,2 – 0,25% der Fläche für Windkraft freigegeben. Brandenburg hingegen erfüllt das 2%-Ziel des Bundes schon beinahe. Wie zuvor der Staatssekretär, betont auch er das Problem, in Kommunen keine Mehrheiten für einen Ausbau zu finden, weswegen es kaum voran gehe. Er fügt hinzu, wie wichtig es wäre über Klimawandel und Energiewende schon frühzeitig anzusetzen und in den Schulen aufklären. Gleichzeitig wünscht er sich ein einheitliches Auftreten der Staatsregierung in dieser Frage.
An diesem Punkt stieg Frau Kedzierski in die Diskussion ein: Es habe nie einen besseren Zeitpunkt gegeben, seine Meinung nochmal zu ändern! Alle Industriepartner müssten nun an einem Strang ziehen. Sie stellte außerdem in Frage, ob 2% der Landesfläche für Windkraft tatsächlich ausreichten, angesichts der Herausforderungen.
Nach Fragen aus dem Publikum an das Podium kamen weitere Aspekte zur Sprache:
Sachsen ist als Teil der Bundesrepublik verpflichtet, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 80% zu erhöhen. – Realistisch sei das leider kaum noch zu schaffen, gestand Staatssekretär Lippold ein. Auch mit Blick auf die Wirtschaftspolitik am Standort Sachsen betonte er den Handlungsdruck, sonst gingen die Produzenten dorthin, wo es viel günstigen Öko-Strom gibt. Auch sieht er das Risiko, dass Sachsen seine energie- und wirtschaftspolitische Steuerungsfähigkeit komplett verliert, wenn wir die 2% für Windenergie nicht einhalten. Aus diesem Grunde habe man eine Taskforce mit allen wichtigen Ressorts für diesen Job eingerichtet.
Auch in Richtung Aufklärung der Kommunen gibt es Fortschritte betonte Gerd Lippold und Verwies auf die Arbeit der Landesenergieagentur SAENA. Er sieht hier jedoch nicht nur den Freistaat in der Pflicht auf einen Wandel hin zu arbeiten, sondern auch die Industrie. Sie müsse auf den Standortfaktor hinweisen, indem sie z.B. klar die Anbindung an lokal erzeugten Ökostrom zur Bedingung für weitere Investitionen macht.
Ohne, dass sie namentlich genannt wurden, liegen die Standort-Entscheidungen von Tesla für Brandenburg und Intel für Sachsen-Anhalt auf der Hand, als Beispiele für gute Standort-Politik durch eine aktive Energiewende. Investitionen weiterer Konzerne, etwa für die Batterieproduktion von VW stehen ebenfalls an und Sachsen befindet sich hier im europäischen Wettbewerb. Nicht zuletzt der Wille der Staatsregierung, Kommunen und den Menschen vor Ort wird darüber entscheiden ob Sachsen aus der Energiewende als Gewinner hervorgehen wird. Die BÜNDNISGRÜNE Fraktion im Sächsischen Landtag ist bereit, diesen Weg konsequent weiterzugehen.