2003-2006 Bürgerinitiative „Kulturpalast erhalten“
2008-2009 Mitwirkung und Sprecher der Welterbebewegung Dresden
seit 2009 Stadtrat für BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN in Dresden
2013-2019 Fraktionsvorsitzender
seit 2019 Landtagsabgeordneter für BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN in Dresden
Vor der friedlichen Revolution
Mein politisches Interesse begann in der Zeit der friedlichen Revolution seit 1988. In dieser Zeit verabschiedeten sich nicht nur das DDR-Regime und der sozialistische Ostblock von der Weltkarte. Unsere gesamte politische Welt wurde aus den Angeln gehoben. Die Frage, in welcher Gesellschaft wir eigentlich leben wollen, wurde unmittelbar relevant und erlebbar. Wir alle hatten plötzlich das Gefühl, dass jeder Einzelne die Politik mitbestimmen konnte. Aus dem real zerfallenden Sozialismus entstand die real erlebbare Demokratie.
Zuvor hatte ich meine Kindheit in normalen DDR-Verhältnissen verbracht. Meine Familie kam aus dem Arbeitermilieu, meine Eltern waren „Studierte“. Mein Urgroßonkel war Häftling im KZ Hohenstein. Die Grundhaltung war antifaschistisch, man glaubte an den propagierten Arbeiter- und Bauernstaat. Dennoch stellte ich zuweilen unbequeme Fragen, beispielsweise, wo denn im Sommer die Eisschollen auf der Elbe herkamen.
Als 16-jähriger kam ich 1988 in Riesa mit Umweltgruppen in Kontakt. Auch Riesa liegt an der Elbe, die damals gefühlt täglich ihr Wasser in einer anderen Farbe durch die Stadt spülte. Die Begegnungen und intensiven Gespräche in Riesa prägen mich politisch bis heute. Die Zerstörung von Natur und Umwelt, der Zerfall der DDR-Gesellschaft waren damals nicht zu übersehen und zu über riechen. Nicht nur im Stahlwerk, meiner Ausbildungsstätte, sondern überall in der Stadt hat es gestunken. Die Themen Gewaltfreiheit, Ökologie und gerechte Weltordnung waren und sind für mich seit diesen Erfahrungen besonders wichtig.
Espenhain und Kulturpalast
Wie viele andere Jugendliche in der DDR trug auch ich den Parka in Olivgrün. Den konnte man herrlich mit Aufnähern benähen. Das habe ich natürlich auch gemacht, habe dabei allerdings Rücksicht auf meine Eltern genommen. Ich wollte nicht, dass sie Ärger bekamen, wenn ich mit „Schwerter zu Pflugscharen“-Aufnähern herumlief. Den ein oder anderen Aufnäher von Umweltbewegungen hatte ich aber schon drauf.
Die erste richtige Initiative, die ich bewusst wahrnahm, war „Eine Mark für Espenhain“. 1988 war das mit 100.000 Unterschriften und genau so vielen DDR-Mark die größte, nicht genehmigte Unterschriftenaktion in der DDR. Es ging dabei um das Werk Espenhain des Braunkohletagebaus im südlichen Leipziger Umland. Bereits 1981 hatte sich um das Werk Espenhain Widerstand geregt. Das Werk existierte seit den 1930er Jahren. Seine Baustruktur war veraltet, Filter gab es nicht. Entsprechend verdreckt und krebserregend war die Luft. Wer hier lebte, hatte statistisch eine um sechs Jahre geringere Lebenserwartung.
Damals gründete sich das Christliche Umweltseminar Rötha (CUR), um Widerstand gegen die Dreckschleuder zu leisten. Mit Baumpflanzungen wurde die kirchliche Gemeinde selbst aktiv und initiierte 1988 schließlich „Eine Mark für Espenhain“. Heute befindet sich auf dem ehemaligen Areal des Tagebaus das Stöhnaer Becken, ein Biotop mit seltenen Vögeln und atembarer Luft. Großen Anteil daran hatte die Initiative um das CUR.
Nach der Wende waren Parteien für mich erst mal schwierig. Als Jugendlicher hatte ich ja noch die Werbekampagne der SED vor Augen. Ich wollte mich also parteipolitisch nicht binden. Als lohnend empfand ich da eher Initiativen. Sie hatten wie Espenhain stets ein konkretes Ziel vor Augen. Deshalb engagierte ich mich ab 2003 in der Bürgerinitiative „Kulturpalast erhalten“.
Das Gebäude war dringend sanierungsbedürftig, sollte aber als Kulturdenkmal aus dem Stadtbild verschwinden. So lauteten die bereits weit gediehenen Pläne der Stadt Dresden. Alles, was damals noch irgendwie nach DDR roch und aussah, sollte weg. Stattdessen sollten am Platz des Kulturpalastes Hotels und eine Einkaufspassage entstehen. Unser Anliegen mit der „Initiative zur Erhaltung des Dresdner Kulturpalasts“ war es, den Kulturpalast als identitätsstiftenden Anker des Dresdner Musik- und Kulturlebens zu erhalten und zu modernisieren. Was uns letztlich gelungen ist. Seit 2017 ist der Kulturpalast wieder Heimstätte der Dresdner Philharmonie sowie des Kabaretts „Die Herkuleskeule“ und beherbergt zudem die städtische Zentralbibliothek.
Über die Waldschlösschenbrücke in die Politik
Zu meiner politischen Initialzündung wurde schließlich 2008 die Frage um den Erhalt des Dresdner UNESCO-Weltkulturerbes. Bereits 1996 war der Bau der Waldschlösschenbrücke beschlossen worden. Doch erst 2007 erfolgte der erste Spatenstich. Drei Jahre zuvor hatte die UNESCO dem Dresdner Elbtal den Welterbetitel verliehen. Der nun mit dem anstehenden Brückenneubau wieder in Frage stand.
Ich wurde zu einem der Sprecher der Welterbebewegung Dresden. Darüber hinaus war ich einer der drei Antragsberechtigten für das Bürgerbegehren „Welterbe Erhalten“. Wir reichten alternative Bauvorhaben ein. Unser Plan sah einen Tunnel vor. Wir sammelten 50.000 Unterschriften für den Erhalt des UNESCO-Welterbes. Leider waren unsere Bemühungen am Ende erfolglos. Am 25. Juni 2009 wurde dem Dresdner Elbtal der Weltkulturerbetitel wieder aberkannt.
Damals wie heute halte ich es für einen großen Fehler, dass sich die Kulturstadt Dresden diese internationale Blamage geleistet hat. Denn es war nicht nur die Brücke allein; auch das mediale Echo dazu war beschämend.
Im Stadtrat und Landtag
Mit dieser Niederlage wollte ich mich jedoch nicht abfinden. Denn vor dem negativen Ergebnis habe ich auch erfahren, dass man etwas bewegen kann, wenn man sich für etwas einsetzt und einem Projekt die eigene Stimme leiht. Deshalb habe ich mich zur politischen Wahl gestellt und vertrete seit 2009 die Dresdner Stadtteile Altstadt, Johannstadt und Friedrichstadt als gewählter Stadtrat in der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Als Stadtrat liegen meine inhaltlichen Zuständigkeiten im Bereich Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Denkmalschutz.
Von 2013 bis 2019 war ich Fraktionsvorsitzender der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. In einer Koalition mit Linken und SPD gelang es uns, wegweisende Projekte wie die Gründung unserer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft WID voranzubringen.
Nach zehn Jahren Stadtratsarbeit haben mich die Dresdnerinnen und Dresdner in Dresden Altstadt und Neustadt 2019 als ihren Abgeordneten erstmals direkt in den Sächsischen Landtag gewählt. Mit dem Mandat, die Dresdnerinnen und Dresdner in Stadt und Land zu vertreten, setze ich mich für eine weltoffene, ökologische und soziale Politik mit Augenmaß ein.