Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und
ich freue mich über das Thema heute zu reden, denn es knüpft ja recht eng an unsere aktuelle Debatte im Sommer unter der Überschrift „Innenstädte und Ortskerne stärken – Ladensterben und Ladenleerstände abwenden“ an. Mittlerweile sind wir leider im zweiten Lockdown und die Situation für viele Gewerbetreibende hat sich noch einmal verschärft.
Hört man sich um, ist der Leidensruck enorm. Es gibt Schätzungen, dass über die Hälfte der kleinen Läden in Innenstädten vor erheblichen Problemen stehen und wir mit einem dramatischen Ladensterben in der zweiten Hälfte dieses Jahres rechnen müssen. Die schon vorhandenen Probleme mit überteuerten Ladenmieten in Innenstädten und dem sich immer stärker entwickelnden Onlinehandel verschärfen sich aktuell noch einmal und wir tun jetzt gut daran, gemeinsam zu überlegen, welche Innenstädte wir in Zukunft eigentlich haben wollen.
Ein Aussterben der Innenstädte und eine weitere Verschiebung des Konsums von Offline-Handel zu Online-Handel ist dringend zu vermeiden. Innenstädte sind zentraler Begegnungsraum von Städten und Gemeinden und damit auch ein Sozialraum.
Was ist aus Sicht der BÜNDNISGRÜNEN jetzt in der Coronasituation zu tun?
Wir müssen sicher stellen, dass die versprochenen Hilfen unbürokratisch bei denen ankommen, die sie brauchen. Und da freue ich mich, dass sich Kollege Dulig für die Auszahlung der versprochenen Hilfen stark macht. Ein großer Teil der Übergangshilfen geht allerdings direkt in die Mietzahlungen, das Steuergeld geht also zu großen Teilen in die Immobilienwirtschaft. Und wenn man sich die Zahlen der Gewinnentwicklung im letzten Jahr ansieht, stellt man fest, dass es sowohl bei Wohnungsmieten als auch Gewerbemieten trotz Coronakrise ein Plus gibt. Zum Teil ein deutliches Plus.
Wo ist eigentlich der solidarische Beitrag der Immobilienwirtschaft in der Coronakrise? Wie kann es sein, dass es kaum Mietsenkungen oder Stundungen gibt, aber sehr wahrscheinlich unzählige Gewerbepleiten, und das bei steigenden Gewinnen der Immobilienwirtschaft?
Wenn Unternehmen aufgrund behördlicher Anordnungen und zum Schutze von uns allen ihre wirtschaftliche Tätigkeit temporär reduzieren müssen, darf doch die Miete nicht zur Existenzgefahr werden. Wir brauchen eine rechtssichere Möglichkeit wie in der Krisensituation vertragliche Neuanpassungen der Miethöhe möglich gemacht werden. Wir müssten das Kündigungsrecht bei coronabedingten Zahlungsschwierigkeiten erneut für sechs Monate aussetzen. Diese Dinge muss natürlich der Bund regeln, das ist mir bekannt.
Was können wir hier im Land tun?
In der Übergangszeit bis zum Ende der Schließung des Einzelhandels können wir mit Abholmodellen wie Click and Collect vor allem kleine Läden unterstützen und ihnen wieder die Möglichkeit geben, überhaupt etwas zu verkaufen.
Wir müssen jetzt schauen, ob wir den kleinen und mittleren Einzelhandel stärken können, indem wir alle Fördergelder aus EFRE oder EFS Mittel ausschöpfen, um die Entwicklung von Werbepräsenz und damit verbundene Marketingmaßen zu unterstützen.
Und langfristig müssen wir Innenstädte attraktiver gestalten um Präsenzhandel in der Stadt eine Chance zu geben. Das heißt mehr Fußgängerzonen, weniger Autoverkehr und Stellplätze, dadurch mehr Aufenthaltsqualität. Wir müssen die Innenstädte begrünen, wir brauchen mehr Trinkbrunnen und mehr Kunst im öffentlichen Raum.
Und da bin ich froh, dass die Grünen mit einem Klimafonds für den aktuellen Haushalt genau diesen Weg gehen wollen und viele dieser Maßnahmen zur Innenstadtaufwertung als Beitrag zur Klimawandelanpassung vorschlagen.
Aber auch unbenommen davon werbe ich dafür, dass wir als Regierungskoalition aus CDU, SPD, BÜNDNISGRÜNE prüfen, ob wir eine abgestimmte Initiative hinbekommen, die Innenstädte und Gewerbe – und damit die vielen Menschen, die dort arbeiten – in und nach Corona unterstützt. Ich glaube das braucht es jetzt.