Dresden. Im Freistaat Sachsen gibt es erhebliche Lücken bei der Unterstützung von Menschen ohne Krankenversicherung. Das zeigt die Antwort des Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage (Drs 8/4149) des BÜNDNISGRÜNEN-Abgeordneten Thomas Löser. Zum Beispiel existieren laut Angaben der Regierung keine landesweiten Unterstützungsangebote und in den vergangenen Jahren wurden so gut wie keine Kosten für Notfallbehandlungen nach dem Nothelfer-Paragrafen erstattet.
Thomas Löser, gesundheitspolitscher Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist entsetzt:
„Wer krank ist, braucht verlässliche Unterstützung. Es ist erschreckend, dass die medizinische Versorgung von Menschen ohne Versicherungsschutz in Sachsen davon abhängt, ob zufällig ein Hilfeverein in der Nähe aktiv ist. Damit entzieht sich der Freistaat seiner Verantwortung. Obwohl Deutschland durch den UN-Sozialpakt dazu verpflichtet ist, allen Menschen einen diskriminierungsfreien Zugang zur Gesundheitsversorgung zu garantieren.“
Die Clearingstelle des Sächsischen Anonymen Behandlungsschein e.V. schätzt, dass rund 40.000 Menschen in Sachsen ohne oder mit unzureichender Krankenversicherung leben. Dazu zählen Menschen mit Beitragsschulden, EU-Bürger:innen in prekären Arbeitsverhältnissen, Wohnungslose, Papierlose und Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Viele Betroffene erhalten gar keine oder erst sehr späte medizinische Hilfe, was zu schweren Krankheitsverläufen und hohen Folgekosten führt.
Löser fordert deshalb: „Sachsen braucht ein flächendeckendes Netz staatlicher Unterstützung, um Menschen ohne Krankenversicherung nicht länger im Regen stehen zu lassen. Wir BÜNDNISGRÜNE fordern die Einführung eines landesweiten anonymen Behandlungsscheins und die Verstetigung und den Ausbau der Clearingstelle. Außerdem braucht es eine verbindliche Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern und Sozialleistungsträgern.“
„Bei meinen Besuchen bei der Initiative KosMOS und im Obdachlosenheim in Dresden konnte ich mir ein Bild von der wertvollen Arbeit machen, die Ehrenamtliche bei der Gesundheitsversorgung leisten. Davor habe ich größten Respekt. Doch wenn der Freistaat die Verantwortung allein auf Ehrenamtliche abschiebt, riskiert er, dass Menschen in Not ohne Hilfe bleiben. Gesundheitsversorgung ist ein Grundrecht. Die Erfahrungen mit einem anonymen Behandlungsschein, zum Beispiel in Thüringen, zeigen: Die Kosten sind überschaubar und planbar. Gleichzeitig werden Notfälle reduziert und die Gesundheitsversorgung insgesamt entlastet.“
Weitere Informationen:
KosMOS ist eine kostenlose medizinische Sprechstunde für Obdachlose bzw. Wohnungslose in Dresden. Die Initiative hat es sich zum Ziel gesetzt, ein möglichst niedrigschwelliges allgemeinmedizinisches Versorgungsangebot für Menschen in schwierigen Wohn- und Lebensumständen zu schaffen.
>> Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes: „72 000 Menschen ohne Krankenversicherungsschutz“







