In der 17. Sitzung des Ausschusses für Regionalentwicklung des Sächsischen Landtags wurde am 11.03.2022 der Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung der Sächsischen Bauordnung (Drucksache 7/8836) öffentlich angehört. Dabei kamen 14 Sachverständige zu Wort.
Thomas Löser, Sprecher für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, begrüßt die erkennbaren Schritte zur Modernisierung der Sächsischen Bauordnung:
„Es ist erfreulich, dass Sachsen beim Bauen mit Holz eine Vorreiterrolle einnehmen will. Die heutige Anhörung hat gezeigt, dass hier noch weitergehende Chancen vorhanden sind, die wir gern aufgreifen wollen. Zum Beispiel kann die Anwendung ökologischer Dämmstoffe auch an Fassaden weiter erleichtert werden.“
„Ebenso werden Themen wie die Ausweitung der Brandmelderpflicht auf Bestandsgebäude, die in allen anderen Bundesländern bereits eingeführt ist, die grundsätzliche Gleichbehandlung von Fahrrädern mit anderen Fahrzeugen bei Stellplätzen, die Aufhebung einer Bauantragspflicht für Ladesäulen für Elektromobilität und Erleichterungen bei der Anbringung von Wärmedämmung bei Bebauung an Grundstücksgrenzen mit der Überarbeitung der Sächsischen Bauordnung aufgegriffen.“
Aus BÜNDNISGRÜNER Sicht gibt es jedoch auch einige Kritikpunkte, wie Thomas Löser erklärt: „Bei der Ausweitung verfahrensfreier Bauvorhaben müssen wir kritisch überprüfen, ob die teilweise Verzwanzigfachung des baulichen Umfangs angemessen ist. Die Abwägung zwischen Belangen des Naturschutz, wie beispielsweise der Vermeidung von zusätzlicher Versiegelung, und dem Wunsch, Verfahren einfacher zu gestalten, muss sorgfältig getroffen werden.“
In der Anhörung wurde auch das Thema Barrierefreiheit aufgegriffen.
Dazu Thomas Löser: „Die Anforderungen an barrierearmes und barrierefreies Bauen in Sachsen sind in der Bauordnung auch bisher bereits relativ umfassend berücksichtigt. Jedoch wies der Sachverständige Ralph Beckert, Vorsitzender des Sächsischen Landesbeirats für die Belange von Menschen mit Behinderungen, darauf hin, dass bei barrierefreien Wohnungen auch Balkone, Terrassen, Abstellräume oder Müllplätze barrierefrei erreichbar sein müssen. Wir werden uns innerhalb der Koalition dafür einsetzen, hierfür sinnvolle Regelungen zu treffen.“
Dr. Daniel Gerber, energie- und klimapolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, ergänzt für den Bereich der erneuerbaren Energien:“
Wir tragen die 1000-Meter-Abstandsregelung als Kompromiss aus dem Koalitionsvertrag weiterhin mit. Gleichzeitig erwarten wir von unseren Koalitionspartnerinnen, dass jetzt konsequent Maßnahmen ergriffen werden, um die ebenfalls im Koalitionsvertrag sowie im sächsischen Energie- und Klimaprogramm verankerten Ausbauziele für erneuerbare Energien zu erreichen.“
Dr. Wolfgang Daniels, Präsident der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien Sachsen e.V., war als Sachverständiger zur Anhörung geladen:
„Die 1000-Meter-Abstandsregelung führt zu einer signifikanten Einschränkung der Flächenkulisse für Windkraft und gefährdet in Einzelfällen die Planungssicherheit laufender Projekte. Die Aufgabe der Politik ist es nun, geeignete Maßnahmen zu definieren, um die Umsetzung von Windkraft-, aber auch Photovoltaik-Projekten in den verbleibenden Bereichen zu unterstützen. Nur so kann Sachsen perspektivisch Energieland bleiben.“
Dr. Daniel Gerber betont die Bedeutung der Energiewende vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage:
„Wir befinden uns momentan in einer extremen Abhängigkeit von russischen Energieimporten. Die Folgen dieser Abhängigkeit sind aktuell in aller Härte am Energiemarkt sichtbar. Langfristig kann hier nur die Antwort sein, die Energieversorgung unabhängig von jeglichen fossilen Stoffen zu machen. Nur so können Versorgungssicherheit und Klimaschutz vereint werden. Das bedeutet jedoch, dass wir jetzt die richtigen Rahmenbedingungen für die massive Beschleunigung der Energiewende setzen müssen.“
Weitere Informationen:
Die Sächsische Bauordnung wurde zuletzt 2016 grundlegend verändert. Die Gesetzinitiative der Staatsregierung unter Federführung des Ministeriums für Regionalentwicklung enthält daher etliche Neuerungen. Insbesondere sollen das Bauen mit Holz erleichtert, die Typengenehmigung für typisiert wiederverwendbare Bauprojekte wiedereingeführt und verschiedene Veränderungen im Zusammenhang mit Mobilitätswende, Klimaschutz und Brandschutz umgesetzt werden. Die Bauordnungsnovelle wird auch Auswirkungen auf die Energiewende in Sachsen haben. Als wesentlicher Punkt enthält der Gesetzesentwurf die Einführung einer 1000m-Abstandsregelung zwischen neuen Windkraftanlagen und Wohnbebauung.
>> Liste der Sachverständigen zur öffentlichen Anhörung zu Drs 7/8836